Sonnenuntergänge gehören zu den Klassikern in der Landschaftsfotografie – und das völlig zu Recht. Die warme Lichtstimmung, die intensiven Farben und die dramatischen Kontraste zwischen Himmel und Landschaft machen sie zu einem unvergleichlichen Motiv. Doch wer den Sonnenuntergang nicht nur erleben, sondern ihn fotografisch perfekt festhalten möchte, braucht mehr als Glück. In diesem Beitrag zeige ich Ihnen, wie du mit deiner Kamera das Maximum aus jedem Sonnenuntergang herausholst.
1. Die richtige Ausrüstung
Mit einer DSLR oder spiegellosen Systemkamera bist du bestens ausgestattet, um Sonnenuntergänge auf professionellem Niveau zu fotografieren. Zusätzlich helfen dir folgende Tools:
- Stativ: Ein stabiles Stativ ist Pflicht, um mit niedrigen ISO-Werten und längeren Belichtungszeiten arbeiten zu können – besonders in der Zeit vor und nach dem eigentlichen Sonnenuntergang.
- Fernauslöser oder Selbstauslöser: Vermeidet Verwacklungen beim Auslösen.
- Weitwinkelobjektiv: Ideal, um den weiten Himmel und interessante Vordergründe im Bild zu vereinen.
- ND- und Verlaufsfilter: Ein Grauverlaufsfilter hilft, den Helligkeitsunterschied zwischen Himmel und Vordergrund auszugleichen. Ein ND-Filter ermöglicht längere Belichtungszeiten für kreative Effekte.
- Objektiv mit kleiner Blende: Wer Sonnensterne erzeugen möchte, sollte ein Objektiv nutzen, das bei Blenden wie f/16 schöne Strahlen um die Sonne bildet.
2. Ort und Zeitpunkt
Sonnenuntergangsfotos gelingen nur mit einer guten Vorbereitung. Spontan ist meist wenig zu holen – Planung ist die halbe Miete.
- Standortwahl: Suche dir einen Ort mit freier Sicht nach Westen – idealerweise mit einem interessanten Vordergrund. Wasser, Berge, alte Gebäude oder Bäume funktionieren gut.
- Komposition frühzeitig überlegen: Sei mindestens 30 Minuten vor Sonnenuntergang vor Ort, um in Ruhe dein Motiv aufzubauen.
- Lichtstimmung verfolgen: Die schönsten Farben entstehen oft nicht exakt beim Sonnenuntergang, sondern in der halben Stunde davor und danach.
- Hilfsmittel zur Planung: Apps wie „PhotoPills“, „The Photographer’s Ephemeris“ oder „Sun Surveyor“ zeigen dir präzise den Sonnenverlauf an deinem Wunschort.

3. Kameraeinstellungen
Die passende Belichtung ist bei Sonnenuntergängen eine Herausforderung, da der Kontrast zwischen heller Himmel und dunkler Vordergrund oft extrem ist. Manuelle Einstellungen geben dir die volle Kontrolle.
Belichtungszeit
Kurz vor Sonnenuntergang kannst du mit 1/100 bis 1/250 Sekunde arbeiten. Sobald die Sonne untergeht, darf die Belichtungszeit länger werden – z. B. 1/30 oder 1/10 Sekunde. Verwende unbedingt ein Stativ, um Verwacklungen zu vermeiden. Achte außerdem auf Clipping im Himmel – lieber leicht unterbelichten, um Zeichnung in den Lichtern zu erhalten.
Blende
Nutze Blendenwerte zwischen f/8 und f/16 für eine hohe Schärfentiefe. Möchtest du Sonnensterne erzeugen, stelle auf f/16 oder f/22 – vorausgesetzt dein Objektiv liefert bei dieser Blende noch gute Bildqualität.
ISO
Halte den ISO-Wert so niedrig wie möglich – idealerweise bei ISO 100. Das reduziert Bildrauschen und bewahrt maximale Bildqualität.
Fokus
Stelle manuell oder mit Einzel-AF auf einen markanten Punkt im Vordergrund oder – für durchgängige Schärfe – auf den hyperfokalen Punkt. Vermeide es, direkt auf die Sonne zu fokussieren.
Weißabgleich
Wähle „Tageslicht“ oder „Wolkig“, um die warmen Farbtöne des Sonnenuntergangs realistisch wiederzugeben. Ein automatischer Weißabgleich kann die Farbwirkung abschwächen.

4. Komposition: Mehr als nur Himmel
Ein schöner Sonnenuntergang allein macht noch kein gutes Foto. Entscheidend ist die Bildgestaltung.
- Drittelregel anwenden: Setze den Horizont ins obere oder untere Drittel des Bildes – je nachdem, ob der Himmel oder der Vordergrund dominieren soll.
- Führende Linien und Vordergrund nutzen: Wege, Stege, Felsen oder Silhouetten führen den Blick ins Bild und sorgen für Tiefe.
- Spiegelungen einbauen: Wasserflächen spiegeln das warme Licht und verleihen deinen Aufnahmen eine besondere Wirkung.
- Silhouetten gezielt einsetzen: Ein klar gezeichneter Baum, ein Tier oder eine menschliche Figur im Gegenlicht schafft Stimmung und Emotion.
5. Geduld und Feingefühl
Der Sonnenuntergang ist ein Prozess – und dein perfektes Bild kann jederzeit während dieses Prozesses entstehen.
- Bleib nach Sonnenuntergang noch vor Ort: Oft sind die Farben nach dem Untergang intensiver als vorher – besonders bei leicht bewölktem Himmel.
- Nutze die „blaue Stunde“: Diese Phase, etwa 20–40 Minuten nach Sonnenuntergang, bringt kühles Licht und eine ruhige Atmosphäre. Ideal für Langzeitbelichtungen.
- Mach mehrere Belichtungen: Nimm eine Belichtungsreihe auf (Bracketing), um später HDR-Bilder zu erzeugen oder die beste Variante zu wählen.

6. Nachbearbeitung
Auch bei sorgfältiger Aufnahme lohnt sich eine dezente Nachbearbeitung, um die Wirkung des Bildes zu optimieren:
- RAW-Format verwenden: Fotografiere unbedingt in RAW, um in der Bildbearbeitung maximale Kontrolle über Lichter, Schatten und Farben zu haben.
- Lichter reduzieren, Tiefen aufhellen: So holst du Zeichnung aus Himmel und Vordergrund.
- Farbtemperatur feinjustieren: Verstärke warme Töne, ohne die natürliche Lichtstimmung zu verfälschen.
- Kontrast und Klarheit erhöhen: Um Details in den Wolken und Strukturen im Vordergrund zu betonen.
- Lokale Anpassungen vornehmen: Verlaufsfilter in Lightroom oder Photoshop helfen, Himmel und Vordergrund separat zu bearbeiten.
Fazit
Sonnenuntergänge sind ein Geschenk an die Fotografie – aber sie verlangen auch Aufmerksamkeit, Vorbereitung und das richtige Gespür für Licht und Komposition. Mit einer professionellen Kamera, dem passenden Zubehör und einer guten Planung gelingen dir Bilder, die Emotionen wecken und die besondere Stimmung dieses Moments einfangen. Lass dich nicht von der Hektik der letzten Sonnenstrahlen stressen – der Zauber beginnt oft genau dann, wenn die Sonne gerade verschwunden ist.